Schleyer. Eine deutsche Geschichte

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Lutz Hachmeisters preisgekrönter Film „Schleyer. Eine deutsche Geschichte“ rollt den Fall des umstrittenen Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer neu auf: Ob Schleyers NS-Vergangenheit, seine Nachkriegskarriere bei Daimler-Benz oder die schlussendliche Entführung und Ermordung durch die RAF – dem „Boss der Bosse“ wird hier ein packendes filmisches Portrait gewidmet, bleibt dabei aber stets fair und faktentreu.

Dokumentarfilm, 90 Min.

Produktion: HMR Produktion in Kooperation mit doc.station/Hamburg im Auftrag des NDR/WDR, gefördert durch die Filmstiftung NRW

Buch/Regie:Lutz Hachmeister
Regieassistenz:Mathias von der Heide, Christian Wagener
Kamera:Thomas Schäfer, Hajo Schomerus
Redaktion:Silvia Gutmann (NDR), Enno Hungerland (WDR)
Schnitt:Guido Krajewski
Ton:Stavros Charitidis
Mischung:Hilmar Kerp (Soundhouse)
Sprecher:Frank Arnold, Walter Renneisen

 
Uraufführung: 7. Juli 2003, Abaton (Hamburg)
Erstausstrahlung: 20. August 2003, ARD

Wiederholungen: 18. Oktober 2003 (Phoenix), 21. Oktober 2003 (NDR), 3. September 2004 (WDR)

Ausgezeichnet mit dem Grimme-Preis mit Gold 2004
Ausgezeichnet mit dem Grimme-Publikumspreis 2004
Nominiert für den Deutschen Kamerapreis 2004 (für Guido Krajewski, Schnitt)

Inhalt

Die Entführung und Ermordung Hanns Martin Schleyers 1977 war der spektakulärste politische Kriminalfall in der Geschichte der Bundesrepublik. Doch die Ereignisse jenes „deutschen Herbstes“ haben die konkrete Biographie des Wirtschafts-Managers bis heute verdunkelt. Forschungen zu Schleyers Karriere blieben lange Zeit tabu, in den Köpfen der Fernsehzuschauer haben sich die Videobilder aus Schleyers Gefangenschaft, die Stammheim-Szenerie und die RAF-Symbolik festgesetzt.

Mit diesem filmischen Portrait beschreibt Lutz Hachmeister den Lebenslauf Hanns Martin Schleyers zum ersten Mal faktengetreu, präzise und dramaturgisch bewegend. Schleyer, der Sohn eines konservativ-nationalgesinnten Richters aus Offenburg, zählte zu den jungen, radikalen NS-Studentenfunktionären der 30er Jahre. Im Prager „Centralverband der Industrie für Böhmen und Mähren“ erlernte er zu Beginn der 40er Jahre die Techniken der Wirtschaftslenkung. Nach der Internierungshaft begann sein beruflicher Wiederaufstieg 1951 bei Daimler Benz. Mit dieser Biographie erschien der, bald als „Boss der Bosse“ apostrophierte, Manager den RAF-Terroristen als „Magnet“, wie es später der Schleyer-Entführer Stefan Wisniewski formulierte. Auf der anderen Seite fand es der „stern“-Reporter Kai Hermann in einer Home-Story 1974 schwer, Hanns Martin Schleyer „nicht spontan sympathisch zu finden“: „Er leugnet nicht, beschönigt nicht, entschuldigt nicht. Er hat ein ungebrochenes Verhältnis zu seiner Vergangenheit.“

Für das Schleyer-Portrait, das um eine Buchpublikation ergänzt wird, wurden nach umfassenden Archivrecherchen Familienangehörige, Wegbegleiter und Freunde wie Kurt Biedenkopf, Edzard Reuter und Eberhard von Brauchitsch befragt, ebenso wie Assistenten und Mitarbeiter aus der Zeit bei Daimler Benz, BDI und BDA sowie Verhandlungspartner der Gewerkschaften. Zudem liegt zu Schleyer umfangreiches audiovisuelles Archivmaterial aus den 60er und 70er Jahren vor. Schließlich soll in Interviews geklärt werden, welches Schleyer-Bild die Entführer der RAF hatten und was sie über seine Biographie wirklich wussten. Der Film zeichnet eine emblematische Karriere nach und konfrontiert die Zuschauer auf ungewöhnliche Weise mit dem Panorama der deutschen Zeitgeschichte.

Pressestimmen

Lutz Hachmeister schildert geradezu kühl bis ans Herz die Biographie des ermordeten ehemaligen Präsidenten des Arbeitgeberverbands, seziert aber zugleich wie wenige vor ihm die noch immer vitale Lebenslüge eines Teils der Achtundsechzigergeneration und der Sympathisanten der Rote Armee Fraktion, die wie alte Frontkämpfer von einem ‚Kampf’ gegen ein System schwärmen können, das sie längst aufgesogen hat, und dabei gar keinen Blick für die Opfer haben, die der Terrorismus gefordert hat…..
(Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.3.2004)

Lutz Hachmeisters sorgfältiger und nachdenklicher Dokumentar-Film ‚Schleyer. Eine deutsche Geschichte‘ geht systematisch der Frage von damals nach, und zwar aus der Sicht von heute: Wer war der Mann, den beide Seiten im Kampf opferten … Drei Schleyers, mindestens, hat Hachmeister gefunden: den Familienvater, den Mann mit NS-Vergangenheit, den harten, aber fairen Vertreter der Klasse der Industriellen in der Nachkriegsdemokratie. Hinter dem zur Ikone geronnenen Bild des Entführten, der unter einem RAF-Logo posiert und die Regierung um Hilfe bittet, fügt sich ein Lebenspuzzle zusammen. Man sieht ein Gesicht, das sich im Lauf der Zeit verändert, einen Macht- und Gemütsmenschen ‚mit Vergangenheit‘.
(Der Tagesspiegel, 20.8.2003)


(Der) Film dokumentiert Leben und Tod Hanns-Martin Schleyers nüchtern und zugleich mit menschlicher Empathie. Er spinnt keinen Heldenmythos um die RAF, sondern analysiert ihre Motive. Er führt Schleyer schonungslos als einen Nationalsozialisten und elitären Kapitalisten vor, aber auch als Menschen, dessen Würde unantastbar ist. Hachmeister verwebt den hässlichen Deutschen Schleyer fest mit dem geliebten Wesen aus Fleisch, Blut und Seele … Hachmeisters Film über den ‚Boss der Bosse‘ hat Tempo: Durch die Kürze der O-Töne, im Eberhard-Fechner-Stil aneinandergeschnitten, durch die Mixtur aus Faktenreichtum und emotionalisierenden Bildern. Der Spannungsbogen vom ‚Schunkelvergnügen‘ im besetzten Prag bis zum letzten Video vor der Ermordung ist Hachmeister mit Leichtigkeit gelungen. Und bei der Auswahl der Interviewpartner bleiben fast keine Wünsche offen.
(Frankfurter Rundschau, 20.8.2003)

Der Film ist zudem für 19,90 EUR (inkl. 19% Mwst.) als DVD zu erwerben.


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