Das Goebbels-Experiment

Kino-Dokumentarfilm, 108 Min.

Produktion: HMR Produktion in Kooperation mit dem ZDF und Spiegel TV, zusammen mit BBC und History Television Canada, gefördert von der Filmstiftung NRW

RegieLutz Hachmeister
Buch:Michael Kloft, Lutz Hachmeister
Regieassistenz:Christian Wagener
Kamera:Hajo Schomerus
Redaktion:Günther van Endert
Schnitt:Guido Krajewski
Ton:Marcello Busse, Rainer Gerlach, Kevin Granahan
Vertonung und Mischung:Tilo Busch (Soundvision)
Sprecher:Udo Samel / Kenneth Branagh
Postproduktion:Carla Schild-Kreindl und Geyer GmbH

Kinostart Deutschland: 14. April 2005
Kinostart USA: 12. August 2005
Erstausstrahlung: 3. Juli 2007, ZDF

In der Vorauswahl zum Deutschen Filmpreis 2005
New York Times Critic’s Pick 2005
Internationale Filmfestspiele Berlin (2005)
Montreal World Film Festival (2005)
Seventh Jewish Film Festival in Jerusalem (2005)
São Paulo International Film Festival (2005)
Bergen Internasjonale Filmfestival (2005)
WATCH DOCS. Human Rights in Film, Warschau (2006)

Inhalt

Joseph Goebbels (1897 – 1945) hat den NS-Staat als Markenzeichen überlebt. Sein Name steht noch heute weltweit für hemmungslose, zynische und zumindest zeitweise erfolgreiche Propaganda. In regelmäßigen Abständen kommt es zu Goebbels-Vergleichen, mit denen aktive Politiker als besonders üble Hetzer und Polemiker gebrandmarkt werden sollen.

Aber das Leben des Joseph Goebbels ist schillernder und beunruhigender, als es die gängige Zuordnung als Propaganda-Genie oder „Reichslügenbold“ nahe legt. Lutz Hachmeister und Michael Kloft zeigen erstmals in einer abendfüllenden Kino-Dokumentation, wie sich Goebbels von seinen Anfängen als radikaler „völkischer Sozialist“ bis zum Selbstmord mit Frau und Kindern ständig neu inszenierte und „erfand“. Der Film bringt den Zuschauern die Karriere eines modernen Medien-Politikers dabei auf ungewöhnliche Weise nahe – verzichtet wird auf jeden Kommentar; nur Goebbels selbst spricht aus seinen Tagebüchern, die er von 1924 – 1945 ununterbrochen und exzessiv führte (Erzähler: Udo Samel). Es entsteht so das dichte Portrait eines Mannes, der hochtourig zwischen Weltschmerz, Wehleidigkeit, Vernichtungswut und politischer Extase hin- und herschwankte. Ein Experiment in Sachen Stilisierung und Manipulation, das er nicht nur mit der Öffentlichkeit vollführte, sondern auch mit sich selbst – so war der Täter sein eigenes und erstes Opfer.

Pressestimmen

„Joseph Goebbels, Adolf Hitler’s infamous minister of propaganda, was such a candid diarist and made sure events of his times were recorded exhaustively in all media that in a very real sense he is the true auteur of „The Goebbels Experiment,“ a fascinating, veritable self-portrait, masterfully culled from a trove of archival materials, by Lutz Hachmeister and Michael Kloft… Much is known of Goebbels, so the withering opinions of his colleagues and enemies that he confided to his diaries makes the film lively and even amusing, as spoken by Kenneth Branagh. Early on he declares „Goering is a fat pig, with a clear case of megalomania.“ „Himmler hates me. We have to bring him down — Goering agrees.“ „Churchill is a revolting fat beast but an adversary we have to respect.“
(L.A. Times, 14. 10. 2005)

„In their fascinating documentary “The Goebbels Experiment”, the director and writer Lutz Hachmeister and the writer Michael Kloft provide a rare and chilling glimpse into a brilliant but toxic mind. Rejecting commentary, Mr. Hachmeister and Mr. Kloft allow Goebbels to speak for himself, in the voice of Kenneth Branagh, via the extensive diaries that he kept from 1924 to 1945. Rare clips from German film and television archives illustrate the readings, which veer wildly from venomous, anti-Semitic rants to eloquent musings on music and nature, often in the same entry. … Some of the film’s most engrossing moments deal with Goebbels’s exclusively utilitarian ambitions for German cinema. “We can learn a lot from these Bolsheviks“, he reluctantly admits after a viewing of Sergei Eisenstein’s 1927 epic, “Ten Days That Shook the World.” And his belief in Leni Riefenstahl’s ability doesn’t deter him from deeming her a lunatic when she begs for money to finish her film “Triumph of the Will” … At a time when much of our news and entertainment media is controlled by a handful of corporations, “The Goebbels Experiment” is a cautionary reminder that equal access to the machinery of ideas may be society’s most critical goal.“
(The New York Times, 12.08.2005)

Lutz Hachmeisters Film ist zunächst eine Inszenierung über das Herstellen einer Inszenierung; der Film protegiert weder Einfühlung noch weckt er Verständnis. Die Regie bricht noch die zweifache Durchinszenierung mehrfach kontrapunktisch: Auf welche Art Goebbels vermittelt hat zwischen seinen Depressionen und der lärmenden Siegesgewissheit, die hier etwa in Ausschnitten aus Wochenschauen erfahrbar wird – das weiß man auch ohne diesen Film, aber darum geht es nicht. Jedenfalls nicht nur. „Das Goebbels-Experiment“ ist eindrucksvoll in der Art, wie das Ideologische aus der privaten Person heraus entwickelt wird. Er zeigt, wie sich Ideologie konsolidiert. Es ist ein unentbehrlicher Film, weil er einen Archetypus von Herrschaft vorführt und anschlussfähige Strategien der Lenkung und Manipulation. In diesem Sinn ist „Das Goebbels-Experiment“ auch ein Versuch mit der Öffentlichkeit von heute.
(Berliner Zeitung, 13.4.2005)

“Von allen Spiel- und Dokumentarfilmen, die seit dem „Untergang“ in unsere Kinos kamen … ist „Das Goebbels-Experiment“ der kühnste und der einfachste. Er zeigt uns Goebbels in Bild und Ton, und die scheinbar simple Montage, der Verzicht auf den Kommentar haben sofort Argwohn erregt bei den ersten Aufführungen des Films auf der Berlinale – als würde ihm dadurch kritiklos das Feld überlassen… Es ist die Verführungskraft des Kinos allgemein, die es den Intellektuellen weiterhin suspekt macht, untauglich für die Aufklärung. Hachmeister versucht es also andersherum, er will Geschichte erklären, indem er sie vorführt.“
(Süddeutsche Zeitung, 10.4.2005)

„Hachmeister und Kloft gelingt eine virtuelle Rekonstruktion von Goebbels’ Weltsicht, die Sichtbarmachung seines spießig-martialischen Innenlebens. Der kleine Mann ist high von der Wirksamkeit seiner eigenen Propaganda und der schieren Allmacht seiner Worte … Das überraschende Ergebnis des Goebbels-Experiments besteht in der radikalen Entmystifizierung der Figur Goebbels. Die Filmemacher (stellen) ihren Protagonisten hier ohne gut gemeinten Kommentar allein durch seine Selbstdarstellung bloß. Das Monströse dieses demagogischen Einpeitschers besteht am Ende darin, dass es ganz und gar nicht monströs ist.“
(epd Film 4/2005)

„Die Stärke des Goebbels Experiments von Hachmeister/Kloft hingegen ist eben dies: Sie lassen zu sorgfältig ausgewählten (Archiv-)Aufnahmen nur einen sprechen: Joseph Goebbels mittels seiner Tagebücher (der Rezitator ist Udo Samel). So beherrscht von Anfang an ein einziges klares Stilmittel diesen Film und macht ihn zu einem singulären Erlebnis, auch wenn die Nähe des Tabubruchs dieser Konstellation eingeschrieben scheint. Doch gibt es ein wirksames Korrektiv in diesem ‚Experiment’, klug und wohl kalkuliert eingesetzt: den Filter der Bilder, die konterkarierende Kraft der Wirklichkeit, die den Reichsminister der Propaganda ein ums andere Mal als Zyniker, Lügner, Hochstapler, Verbrecher, dreisten Verführer einer ganzen Nation entlarvt.“
(Frankfurter Rundschau, 7.9.2004)


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